Das Welteroder Bundeshaus

Seit 1952 eine Erfolgsgeschichte

Obwohl die Wunden des 2. Weltkrieges bei weitem noch nicht verheilt waren, gab es bereits zum Beginn der 50er Jahre in Welterod Ideen für eine bessere Zukunft der Dorfgemeinschaft. Mit dem Bau eines neuen Gemeindehauses außerhalb des engen Ortsbereiches ging man einen Weg, dem andere Dörfer erst viele Jahre später mit ihren Dorfgemeinschaftshäusern nachfolgten.

Voraussetzungen und Gründe für den Bau des Hauses

Das alte Rathaus in der Gibgasse erfüllte schon lange nicht mehr die Erfordernisse eines funktionierenden Gemeindehauses. Als waldreiche Gemeinde stand Welterod in dieser Zeit bestens da. Bauholz, Grubenholz und Zellholz wurden in der Wiederaufbau-Phase der Bundesrepublik dringend benötigt und konnten zu guten Preisen verkauft werden. Dazu kam ein mutiger Gemeinderat und, mit dem Landtagsabgeordneten Rudolf Tönges, ein Welteroder Politiker, der Verbindungen zu allen Regierungsebenen des neuen Bundeslandes RheinlandPfalz hatte.

Der Name Bundeshaus Welterod

Bei der Bewerbung als Bundeshauptstadt zwischen Frankfurt a.M. und Bonn hatte die Stadt Bonn im Jahr 1949 vollendete Tatsachen geschaffen. In kürzester Zeit war durch Um- und Anbauten aus der bereits bestehenden Pädagogischen Akademie, ein stattliches Parlamentsgebäude, das Bonner Bundeshaus“ entstanden. Die Vorgehensweise beim Bau und die Größe des Welteroder Gemeindehauses brachten viele Menschen mit der Bonner Vorgehensweise in Verbindung. So entstand der bis heute gebrauchte Ausdruck

„Bundeshaus Welterod.

Historischer Ablauf

05.02.1951 In einer Gemeindeversammlung wurde den 51 anwesenden Personen die Planung des Hauses vorgestellt und unmittelbar danach durch den Gemeinderat genehmigt.

Zum Bauausschuss ernannte man: Philipp Hilge, Karl Köhler, Philipp Berg, Richard Nefferdorf und Alfred Spitzhorn

Planung, Auftragsvergabe und Bauaufsicht wurden dem Kreis-Bauamt übertragen, das alle Entscheidungen in enger Zusammenarbeit mit der Gemeindevertretung zu treffen hatte.

Da das Baugrundstück der Ev. Kirchengemeinde gehörte, einigte man sich auf einen Grundstückstausch und übertrug die benötigte Fläche der Zivilgemeinde.

Bereits am 26.05.1951 erfolgte die Vergabe der Erd-, Beton- und Maurerarbeiten an die Baufirmen Karl Urban (Welterod) und Jakob Hehner (Nastätten) als Gemeinschaftsprojekt. Die Malerarbeiten wurden der Firma Hermann Schiffer aus Welterod übertragen. Der feierliche 1. Spatenstich war am 1.Juni.1951.

Aus Zeit- und Kostengründen wurden im Saalbereich nur Punktfundamente ausgehoben auf die man 36 Pfeiler zur Ablage der Decke mauerte. Lediglich einen schmalen Durchgang vom vorderen Querbau zum hinteren Heizungs- und Bühnenbereich legte man frei.

Die Ausschachtarbeiten ohne Maschineneinsatz

Mit Schifferkappe rechts Karl Urban und links Jakob Hehner

Die Tragpfeiler der Saaldecke mit dem inzwischen betonierten Durchgang im Jahr 2018

Die Grundsteinlegung fand unter großer Beteiligung der Dorfbevölkerung statt.

Vordere Reihe von links nach rechts: Willi Udersbach (Lipporn), Rudolf Tönges, August Bildhauer, Walter Hilge, Günter Bauer (Diethardt), Horst Urban.

In der Zeit vom 05.08.1951 – 26.04.1952 erfolgten:

  • die Bauholzlieferung an die Firma Schlaadt (Lorch)
  • die Vergabe der Schreinerarbeiten an Firma Paul Berghäuser (Welterod)
  • die Vergabe der Zimmerarbeiten an die Firmen Strack (Bogel) und Berg (Welterod)
  • die Vergabe der Dacharbeiten an Firma Krebber Asphalt GmbH
  • die Vergabe der Elektroinstallation an Firma Kuhn (Eschbach)
  • die Vergabe der Sanitär- und Klempnerarbeiten an Karl Schwarz (Welterod)

Die Einweihungsfeier des Hauses
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m 5. – 7. Juli 1952

Beim Kommers am Samstag wirkten neben Turnern und Turnerinnen aus Nastätten, Miehlen und Niederwallmenach die Männerchöre von Espenschied, Lipporn, Strüth und Welterod und der gemischte Chor aus Rettershain an der Gestaltung mit.

Nach der Weihe des Hauses am Sonntag, an der auch Landesinnenminister Dr. Zimmer teilnahm, sangen die genannten Männerchöre gemeinsam unter der Leitung von Lehrer Hugo Reh: 1. Sanktus von Schubert, 2. Wie´s daheim war von Wohlgemut und 3. Ewig liebe Heimat von Breunach.

Vorne links Dr. Zimmer, rechts Rudolf Tönges

Festzug mit der Kapelle Hamacher vor dem ehemaligen Gasthaus zur Post

Nach einem Festzug durch das Dorf und einigen Darbietungen der Schulkinder am Nachmittag klang der 3. Tag mit Tanz und einer Keilerei weinerhitzter Köpfe aus.

Einmarsch in das neue Haus

Einrichtungen des Gebäudes:

Im vorderen Querbau befand sich im Erdgeschoß die Eingangshalle, links das Bürgermeisterbüro mit einem Aktenraum, rechts der Kindergarten mit kindgerechten Toiletten und der Schankraum für die Saalbedienung. Im Obergeschoß gab es eine Wohnung für den Hausmeister und einen kleinen Saal mit angegliederter Küche. Alle Räume waren ofenbeheizt. Zunächst mit Holz/Kohleöfen, die später durch Ölöfen ersetzt wurden.

Gustav Lanio

Unmittelbar nach der Einweihung zog der Kindergarten ein. Für die Position eines Hausmeisters hatten sich insgesamt 4 Männer beworben. Bereits am 28.02.1952 wurde die Stelle an Gustav Lanio vergeben und ihm nun die Wohnung im neuen Haus zugeteilt.

Über die Eingangshalle gelangte man in den großen Gemeindesaal, an dessen Ende sich die Bühne befand. Der Saal konnte mit einer koksbefeuerten Warmluftheizung temperiert werden.

Die Kosten und Finanzierung der Einrichtung

Aus den vorhandenen Rechnungen und dem Schriftverkehr sind Kosten von etwa 100.000 DM zu errechnen. Bürgermeister Tönges hat in Zuschussanträgen an Kreis- und Landesbehörden von einer Eigenleistungssumme von 80.000 DM berichtet, mit der die reinen Baukosten abgedeckt werden konnten. Sonderhiebe im Gemeindewald mit entsprechenden Holzverkäufen haben diese erstaunliche Eigenleistung ermöglicht.

Bürgermeister Tönges im neuen Amtszimmer

Für die Kindergarteneinrichtung, die Möblierung des großen Saales und der Bühnengestaltung gab es Zuschüsse vom Kreisjugendamt, dem Sozialministerium , dem Ministerium für Landwirtschaft Weinbau und Forsten, dem Ministerium für Unterricht und Kultus, dem Präsidenten des Landtages und dem Ministerpräsidenten von RheinlandPfalz.

Die Nutzung des Hauses

Von Anfang an wurden beide Säle des Hauses von den Vereinen und Institutionen des Dorfes intensiv genutzt. Theater-, Kino,- Fest- und Tanzveranstaltungen brachten Leben in die gesamte Einrichtung.

Theater spielen: „Der Glöckner von Notre Dame“ 1955

Weihnachtsspiel Welteroder Schulkinder 1956

Einweihungsfeier der neuen Schule 1957

Vereinsfeier Tischtennisclub 1958 im kleinen Saal

Sängerfest 1958

Seniorenfeier (damals noch „Altenkaffee“ genannt) in der Adventszeit ca. 1960

Treffen des ev. Dekanates St. Goarshausen 1964

Fassenacht 1986

Feuerwehrfest 1988

Verbandsgemeinde – Feuerwehrtag 2006

Renovierungen und Modernisierungen

Während sich in den ersten 25 Jahren nach der Inbetriebnahme die Arbeiten am und im Gebäude im wesentlichen auf den Werterhalt beschränkten, stand 1977 und 1978 durch Erneuerung aller Fenster die erste große Investition an.

Ab 1987 begann, unter der Bauleitung von Architekt Georg Winter, die Umgestaltung des vorderen Gemeindehauses. Durch Auflösung der nicht mehr benö tigten Hausmeisterwohnung war Platz geschaffen für die Vergrößerung des kleinen Saales und den Einbau einer professionellen Büffetanlage. Küche und Lagerraum wurden auf den neusten Stand ge bracht und die gesamte Möblierung erneuert.

Weitere Maßnahmen waren:

  • Der Einbau einer Toilettenanlage im Obergeschoss
  • Die Erneuerung der Elektroanlage und der Einbau einer Elektroheizung
  • Die Erneuerung der Fußböden
  • Die Außendämmung des Gebäudes und der Einbau einer Notausstiegsleiter
  • Die Einrichtung eines Jugendraumes im Keller

Ab 1988 begann der Umbau und die Sanierung des großen Saales, der Erneuerung von Elektro-, Beschallungs-, Heizungs– und Sanitäranlagen sowie de r energetischen Sanierung von Decke und Außenwänden. Eine neue Möblierung, neue Vorhänge un d eine großzügige Theken- und Büffetanlage haben den schönen großen Saal noch attraktiver gemacht.

Der Zugang zum Haus ist barrierefrei

Eine Feuerleiter sorgt bei Gefahr für einen Notausstieg

Im kleinen Saal ist der Büffetbereich, eine moderne Küche eine gute Vorraussetzung für gelungene Vereins- und Familienfeiern

Video und Soundanlagen im kleinen wie im großen Saal, machen vielseitige Vorführungen möglich.

Der neue Thekenbereich im großen Saal

Ein Teil des Jugendraumes im Keller

Probleme mit der Lagerung von Sportgeräten, nicht benötigten Möbelteilen und sonstigem Material löste man ab 2005 durch einen Anbau im hinteren Teil des großen Saales. Ein eigener Zugang erleichtert hierbei wesentlich die Versorgung bzw. den An- und Abtransport im Bühnenbereich.

Die Nutzung des Welteroder Bundeshauses heute.

Seit der Anfangszeit des Gebäudes hat sich das Dorf leben und somit auch die Inanspruchnahme des Hauses verändert. Die Welteroder Vereine sind weniger geworden oder haben ihre eigenen Versammlungsräume. Tanzveranstaltungen finden nicht mehr so häufig statt und das Angebot und der Bedarf an örtlichen kulturellen Darbietungen ist heute anders.

Dafür haben Familienfeiern im kleinen und großen Saal zugenommen. Außerdem hat mit der Gründung des Sportvereines FSV Welterod in den 70er Jahren eine Vielzahl von Trainingsgruppen im Haus Einzug gehalten. Durch Kinderturnen verschiedener Gruppen, Aerobicabteilungen und Rückenschulen für Erwachsene wird das Gebäude nahezu jeden Abend benötigt. Somit und ist nach wie vor unser Welteroder Bundeshaus eine wichtige Einrichtung für die Dorfgemeinschaft.

Bericht Bilder und Repros: Bernd Köhler

Quellen: Protokollbücher des Gemeinderates Welterod , Schulchronik Welterod, Unterlagen, Schriftverkehr und

Belege des Bauvorhabens Gemeindehaus Welterod .