Das alte Rathaus in der Gibgass

Der Platz des alten Rathauses im Februar 2018

An dieser Stelle, mitten im Ort, stand einstmals das Welteroder Rathaus. Für die Dorfgemeinschaft war es, neben Kirche und Schule, das wichtigste Gebäude.

Das Haus befand sich auf einem Hang zwischen der unteren Dorfstraße (heute Rheingaustraße) und der oberen Gibgasse (heute Gartenstre).

Teilansicht im Jahr 1938 mit Dampfmaschine

Gebäude-Brandkataster Welterod von 1822 Nr. 12

Die erste Erwähnung findet sich im Gebäude-Brandkataster von 1822.
Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Einrichtung aber schon über 100 Jahre bestanden haben.

Die heutige Backestreppe nach der Neugestaltung von 2010

Der Höhenunterschied zwischen der unteren Dorfstraße (heute Reingaustraße) und der oberen Gibgasse (heute Gartenstraße) konnte mit der sogenannten Backestreppe überwunden werden.

Von der Gibgasse (heute Gartenstre) aus gesehen, befand sich im Untergeschoss links ein Raum mit der Gemeindekelter. Die Bürger konnten hier ihren Apfelmost keltern. Ebenso wurde Birnensaft gepresst, aus dem der täglich benötigte Brotaufstrich Bärnschmär“ (Birnenschmiere) hergestellt wurde.

Auf der rechten Seite des Hauses befand sich das GemeindeBackes. Aus dem selbst erzeugten Getreidemehl wurde dort von den Bürgern Brot und samstags auch Kuchen gebacken. Der kleinere Anbau rechts diente als Lageraum für Brennholz.

1952 Eine letzte Ansprache des Bürgermeisters Rudolf Tönges vor dem alten Amtsgebäude.

In das Obergeschoss gelangte man über eine steile Holztreppe. Dort befand sich das ofenbeheizte Gemeindekontor und der Sitzungssaal. Hier tagte der Schuldheiß (ab 1848 Bürgermeister) mit den Gemeindevorstehern. Außerdem fanden Sitzungen des örtlichen Feldgerichtes statt. Die Vereine benutzten den Saal für Versammlungen. Ebenso der Gesangverein, wenn er seine wöchentliche Gesangstunde abhielt.

Über eine Luke in der Decke des Sitzungssaales gelangte man auf den Dachboden. Während die aktuellen Gemeindebücher wie Flächenkataster, Gebäudekataster, Hypothekenbuch, Rechnungs-, Protokollbücher und dergl. im Kontor geführt und verwahrt wurden, gelangten abgelaufene Schriftstücke auf den darüber liegenden Speicher. Welterod ist deshalb eine der wenigen Gemeinden, in der über 200 Jahre alte Verwaltungsdokumente noch für Forschungszwecke zur Verfügung stehen.

Die Reste der ehemaligen Gemeindekelter im Februar 2018

Das Ende des alten Welteroder Rathauses

Nachdem im Juli 1952 das neue Gemeindehaus (Bundeshaus) in Betrieb genommen wurde, hatte das alte Rathaus als Verwaltungssitz und Versammlungsort ausgedient.

Die Gemeindekelter wurde 1953 in den Keller des Bundeshauses verbracht und auch noch einige Jahre benutzt. Heute ist sie weitgehend in Vergessenheit geraten.

Als Bäckermeister Armin Wieber, mit seiner Frau Frieda, im Jahr 1947 eine Bäckerei in Welterod eröffnete, hatten die Bürger die Möglichkeit, ihr Mehl dorthin zu liefern. Sie bekamen dafür entsprechende Gutscheine und hatten nur noch den Backerlohn zu bezahlen. Daraufhin verlor das GemeindeBackhaus nach und nach seine Bedeutung.

Brotmarken der Bäckerei Wieber

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 Backofen in der Backstube Wieber. Er wurde 1947 aus einer ausgebombten Mainzer Bäckerei geborgen und in Welterod neu aufgebaut.

Nachdem eine Nutzungsänderung des Gebäudes sich als erfolglos zeigte, wurde am 2. Mai 1956, in einer Gemeinderatsitzung, einstimmig die Niederlegung des alten Welteroder Rathauses beschlossen.

1956 Das alte Welteroder Rathaus kurz vor dem Abriss.

Bericht, Bilder und Repros: Bernd Köhler,

Quellen: Unterhaltungen mit Richard Back, Karl Köhler und Roswitha Wieber, sowie Kindheitserinnerungen des Autors.